Menschen töten für Wasser? – Das ist kein Horrorszenario, sondern düstere Zukunftsvision!
Trinkwasser: Bereits jetzt leiden Deutsche, Engländer und Franzosen unter der voranschreitenden Wasserprivatisierung. Die Kosten für das kostbare Nass Trinkwasser steigen immer höher und die Keller stehen regelmäßig unter Wasser. Aber der Staat will Kohle scheffeln und die Konzerne sind scharf darauf, das ultimative Monopol zu erlangen: Wer das Wasser kontrolliert, hat Macht. Eine Analyse der aktuellen Situation zeigt: die Bürger werden das nicht sein. Es folgt ein Wasserkrieg in Europa.
Wer den Plakaten der Hilfsorganisationen Glauben schenkt und denkt, dass Trinkwasser nur in Ländern wie Afrika verkauft oder knapp werden kann, irrt. Vielmehr hält das Geschäft mit dem Trinkwasser seit über zehn Jahren rund um den Globus Einzug. Europa – und Deutschland – ist da keine Ausnahme.
In absehbarer Zukunft, in wenigen Jahren, wird 1 Liter Trinkwasser teurer sein als 1 Liter Öl!
So verkaufte die Stadt Berlin 49,9 Prozent ihrer Trinkwasser – Wasserversorgung im Jahr 1999 für stattliche 1,58 Milliarden Euro an den Essener Konzern RWE und die französische Firma Veolia. Die Bedingungen des Trinkwasser– Verkaufs wurden in Geheimverträgen geregelt. Alles, was der Bürger weiß, ist, dass die Wasserpreise immens stiegen. Um genau zu sein, weist der Stadtstaat bis heute die höchsten Wasserpreise Deutschlands auf und die Trinkwasser Preise in Flaschen, steigen weiterhin ständig an. In jüngster Zukunft, ist Trinkwasser teurer als Öl. Der Tagesspiegel berichtete im Mai dieses Jahres von einer Modellrechnung, in der die Wasserpreise der 19 größten deutschen Städte verglichen wurden. Es zeigte sich, dass ein Haushalt, der jährlich 100 Kubikmeter Wasser verbraucht, in Berlin je Kubikmeter 5,12 Euro, in Köln dagegen nur 3,26 Euro bezahlt. Noch höher liegen die Preise nur in Potsdam (5,82 Euro pro Kubikmeter), allerdings zählt die Stadt nicht zu den 19 größten Städten und fällt daher aus der Studie heraus. Potsdam ist außerdem eine jener Städte, die innerhalb kürzester Zeit ihre Trinkwasser – Wasserversorgung von dem Konzern Eurawasser zurück kauften, nachdem dieser, entgegen vorheriger Zusagen, die Wasserpreise innerhalb von zwei Jahren verdoppelt hatte. Leider muss der Bürger nun trotzdem draufzahlen, denn die 167 Millionen Euro, die die Stadt damals für den Verkauf erhielt, berappt nicht der Konzern, sondern die Allgemeinheit. Mindestens ein Drittel des Wasserpreises besteht aus der Refinanzierung, und bis 2017 wird der Kredit bei der Commerzbank auch nicht abgetragen sein.
Veolia-Wasser ist in 450 deutschen Kommunen tätig.
Eurawasser, das eigentlich dem Suez-Konzern gehört, versorgt unter anderem die Bewohner von Rostock, Schwerin, Leuna und Cottbus, mit Trinkwasser
Die letztgenannten Konzerne sind in Frankreich zu Hause. Ein Land, in dem die Wasserprivatisierung schon vor 150 Jahren Einzug gehalten hat. Als Napoleon III. 1853 der Compagnie Générale des Eaux, aus der später der Mischkonzern Vivendi wuchs, die Wasserversorgung von Lyon übergab. Nicht gerade zur Freude seiner Bürger, denn die Preise sind untragbar hoch. Im Februar 2006 veröffentlichte die französische Konsumentenorganisation UFC-Que Choisir eine Untersuchung aus 30 Städten, die Gewinnmargen der Wasserunternehmen von 26 bis 42 Prozent feststellte.
Noch gründlicher haben in Europa nur die Engländer ihr Trinkwasser entstaatlicht. Da wechselten nicht nur das blaue Nass, sondern auch Rohre, Kanäle und Wasserwerke den Besitzer. Wieder zum Leid der Bürger hatte das bis vor Kurzem der RWE gehörende Unternehmen Thames Water nach der Übernahme der Wasserversorgung von der Regierung über Jahre keine Ausbesserung an den Rohren vorgenommen. In den teilweise noch in viktorianischen Zeiten gebauten Kanälen Londons versickern täglich über 915 Millionen Liter frisches Trinkwasser (30 Prozent des Wassers), wie die Aufsichtsbehörde Ofwat aufdeckte. Das ist nicht nur mehr, als die meisten europäischen Hauptstädte verbrauchen, sondern grenzt an Zustände, die man höchstens in Entwicklungsländern erwarten sollte. Besonders schlimm kam es in der Dürreperiode 2006. Damals sank der Wasserpegel im Land der Queen so sehr, dass Thames Water einen Eisberg in die Themse schleppen lassen wollte, um die Londoner mit Trinkwasser zu versorgen. Als die RWE erkannte, dass sie Thames Water nicht länger ohne große Investitionen halten konnte, verkaufte sie den Konzern 2009 nach zehn Jahren. Die Zukunft der Londoner Wasserrohre ist aktuell ungewiss.
Der beste Schutz, vor explodierenden Preisen für Trinkwasser – PROaqua 4200
Auch die Privatisierung von Trinkwasser in Argentinien mündete in einem Fiasko. Suez verlangt jetzt 1,7 Milliarden Dollar Entschädigung für den Rausschmiss. Argentiniens Präsident Nestor Kirchner reagierte empört. Nachdem Suez 15 Jahre lang im Land war und Hunderte von Millionen verdiente, haben immer noch viele Menschen keinen Tropfen Wasser. Suez sieht da eher Probleme mit der Regierungsweise in Lateinamerika. Aber was soll’s, schließlich geht es nun auf zu neuen Ufern: In China hat sich der Konzern schon einen Milliardenauftrag gesichert.
Was ist da los?
In dem Versuch, die Kassen mit Geld zu füllen, ließen sich die Länder und Städte auf ein Konzept ein, dass sich Public Private Partnership nennt. Unter PPP, oder wie es auch eingedeutscht zu hören ist: »öffentlich-private Partnerschaft« (ÖPP), versteht man die verschiedenen Formen privater Kapitalbeteiligung an der Finanzierung und Verwaltung von Infrastrukturen und Leistungen des staatlichen Sektors. Die Bereiche und der zu erzielende Profit sind dabei fast unbegrenzt: Sparkassen, öffentliche Wohnungsbauförderung, Gesundheitswesen, der Bereich der Schulen, Gefängnisse und eben die Wasserversorgung werden von Privaten übernommen und geführt.
Das bedeutet, durch die PPP’s liefert der Staat seine Bürger offenen Auges der Willkür der Unternehmen aus, wie die oben genannten Beispiele zeigen. Wer in diesem Szenario Wolf und wer Schaf ist, bleibt jedoch schwierig zu beantworten. Etliche Politiker, die an maßgeblicher Stelle Einfluss nehmen können, tauchen nach Ende ihrer Polit-Karriere auf einmal in Vorständen und Aufsichträten der Wasser- und Energiekonzerne wieder auf, während die Vorstände und Aufsichtsräte der Konzerne wiederum Politik machen. Eindeutig ist nur, das Geschäft mit Trinkwasser ist gewinnbringend …
Trockene und trübe Aussichten – für Milliarden Menschen – Trinkwasser ist Lebens-notwendig
Laut der UN werden bis zum Jahr 2050 vier Milliarden Menschen in Trockenheit leben. Schon jetzt wird im Internet immer häufiger von gewalttätigen Zwischenfällen wegen Wassermangels berichtet. Angesichts dieser Zahlen schätzen Experten, dass die privaten Unternehmen zunehmend in den Markt drängen werden. Das Geschäft mit dem Trinkwasser ist lukrativ und alles andere als bereits ausgeschöpft. Noch liegen rund 90 Prozent der Trinkwasser Versorgung in öffentlichen Händen, aber der Druck wird stärker.
Umstrittene Abkommen: Wasser gegen Waffen und das NAFTA-plus
Welchen Wert Wasser, Trinkwasser bereits hat, zeigt der außergewöhnliche Handel zwischen Israel und der Türkei. Von 2004 bis 2024 wird die Türkei jährlich 50 Millionen Kubikmeter »Blaues Gold« aus dem anatolischen Fluss Manavgat an Israel senden. Eine Menge, die dem Jahresverbrauch von einer Million Deutschen entspricht. Israel versorgt die Türkei im Gegenzug mit Panzern und Luftwaffentechnologie. Die Türkei sichert damit ihren Posten als Hauptlieferant von Trinkwasser in der Region. Weitere Verträge mit Malta, Kreta und dem griechischen Teil Zyperns folgten. Israel dagegen deckt mit diesem Wasserbonus nur etwa drei Prozent seines jährlichen Bedarfes, insbesondere seit der Grundwasserpegel in der Region nach mehreren trockenen Wintern stark gesunken ist.
Trinkwasser Kanada
Kanada seinerseits bangt schon lange um seine Süßwasser – Vorkommen, allerdings aus einem ganz anderen Grund: Das Land besitzt neun Prozent des globalen Trinkwasser – Vorkommens bei nur einem Prozent der globalen Bevölkerungszahl. Die Vereinigten Staaten von Amerika hingegen müssen schon jetzt mit immer geringer werdenden Trinkwasser – Vorräten umgehen. Schätzungen besagen, dass viele Regionen der USA bis 2015 unter starker Wasserknappheit zu leiden haben könnten.
In einem solchen Fall könnten die USA Dank des NAFTA-plus-Abkommens die Niagarafälle anzapfen und an der kanadischen Lebensader auf Pump gehen. Das Forum, dessen Name eigentlich SPP (Security and Prosperity Partnerschip) ist, wurde zusätzlich zum NAFTA im Jahr 2005 zwischen Kanada, Mexiko und den USA in Cancun ins Leben gerufen. Dabei geht es um Abkommen rund um Pipelineverlegungen in der gesamten Region und den Umgang mit einer möglichen Grippewelle. Kanada befürchtet nun, dass die USA mittels privater und öffentlicher Finanziers den Bau von Pipelines zwischen den beiden Ländern vorantreiben wird, um für den Ernstfall gerüstet zu sein.
Das »Blaue Gold« Trinkwasser an der Börse – Der Handel mit Leben lohnt sich
Die Rufe nach modernerer Infrastruktur in Osteuropa wird immer lauter. In China verfügt nur jeder Vierte über fließendes Wasser, und das Ringen seiner Regierung um eine Wasserversorgung mit Trinkwasser wird immer deutlicher. Da werden Manager wie Hans Peter Portner hellhörig. Er verwaltet den Pictet-Fund Water, den ersten Wasser-Aktienfonds. Hatte sein Portfolio 2003 noch einen Wert von 200 Millionen Euro, stand dieser im Jahr 2006 bereits bei 1,7 Milliarden Euro. Aktuell liegt sein verwaltetes Vermögen gar bei 211 Milliarden Euro.
Wann immer das Gespräch aufs »Blaue Gold« kommt, bekommen Börsianer leuchtende Augen. Für Suez-CEO Gerard Mestrallet ist Wasser das Öl des 21. Jahrhunderts. Nach Berechnungen der Weltbank müssten jährlich circa 80 Milliarden Dollar in Wasserinfrastrukturen investiert werden. In der Tat beläuft sich die Zahl derzeit erst auf rund 40 Prozent dieser Summe. Allein in der EU müssten die Betreiber von Wasserversorgung und -entsorgung Milliardenbeträge investieren, um ihre Anlagen zu modernisieren. Hier liegen enorme Gewinnchancen für private Konzerne und Investoren.
Sind wir die Nächsten? Der Handel mit Trinkwasser
Laut dem Nestle-Chef Peter Brabeck ist es nur angemessen und richtig, Trinkwasser ganz grundsätzlich zum Lebensmittel zu erklären und ihm einen festgeschriebenen Wert zu geben. In dem Film We feed the world sagt er wörtlich: »Wasser ist ein Lebensmittel so wie jedes andere und sollte einen Marktwert haben, ich persönlich glaube, dass es besser ist, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, sodass wir uns alle bewusst sind, dass das etwas kostet.« Wir sprechen hier jedoch nicht von 500 Gramm Nudeln oder 1,5 Litern Orangensaft, sondern von Wasser.
Mittlerweile wird jeder Zehnte von Veolia, Suez, RWE und den anderen privaten Konzernen, mit Trinkwasser versorgt. In den nächsten Jahren soll sich die Zahl verdoppeln, so das erklärte Ziel der Weltbank.
Es fehlt nur noch, dass wir wie in der Star-Wars-Parodie Spaceballs gezeigt, Atemluft in Dosen kaufen müssen.
Aber Spaß beiseite. Wasser ist Leben. Das bedeutet auch, dass die Menschen wieder im Sklavenzeitalter angelangt sind, wenn Wasser und vor allem reines Trinkwasser kein freies Gut mehr ist. Vielleicht nicht sofort, vielleicht noch nicht direkt. Aber was passiert, wenn ein Krieg ausbricht und die deutsche Wasserversorgung in den Händen eines feindlichen Konzerns liegt? Was passiert, wenn die Regierung keinen Zugriff mehr auf die Wasserversorgung in ihrem Land hat, außer wenn sie ihn monetär oder militärisch zurückerobert?
Unsere Wasserversorgung ist ein essenzieller Bestandteil unserer Zukunft, und der Bürger sollte dabei unbedingt wieder Mitsprache einfordern.
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Autorin: Susanne Hamann – Kopp-Verlag
Quellen (u.a.):
http://www.youtube.com/user/2010sic?feature=mhee
http://www.das-gibts-doch-nicht.info/seite3759.php
http://www.wasser-in-buergerhand.de/
http://www.tagesspiegel.de/berlin/nebenkosten-hohe-wasserpreise-in-berlin/1521054.html
http://www.pnn.de/potsdam/166457/
http://www.umweltinvestmentfonds.de/home/pictet_fund_water.php
http://www.reuters.com/article/environmentNews/idUSN0322583420080403
http://www.reuters.com/article/environmentNews/idUSN0322583420080403
http://www.nahost-politik.de/tuerkei/wasser.htm
2 Comments
Janina Strom
7. Februar 2011Nach so einem Artikel möchte man eigentlich sofort anfangen sich einen Brunnen im eigenen Garten zu graben. Bisher habe ich immer gedacht das die Wasserkonflikte eher in der Ferne zu finden sind und nicht so nah vor meiner Haustüre.
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